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KI-Forschung rund um Schule und Unterricht

Viele Lehrpersonen experimentieren mit KI-Anwendungen in ihrem Unterricht, andere äußern Zweifel und Bedenken gegenüber dem KI-Hype. Umso wichtiger sind Studien, welche die (Neben-)Wirkungen von KI beleuchten. Hier finden sich Links und Lesetipps zum Nachschlagen und Weitergeben.
Joscha-Falk
Von

Joscha Falck

Joscha Falck ist Mittelschullehrer und Schulentwicklungsmoderator in Mittelfranken. Darüber hinaus ist er als Fortbildner, Referent und Autor tätig. Seine inhaltlichen Schwerpunkte sind: Digitale Medien, Schul- und Unterrichtsentwicklung, Didaktik des digital gestützten Unterrichtens, Künstliche Intelligenz in der Schule. Kontakt: www.joschafalck.de

Die Entwicklungen rund um Künstliche Intelligenz in der Schule sind unübersichtlich und aufgrund zahlreicher Innovationen rasend schnell. Da übergeordnete Strategien vielerorts (noch) fehlen, greifen Lehrkräfte Sprachmodelle und neu erscheinende KI-Tools punktuell auf und testen sie meist experimentell in der Praxis. Die Motive dafür sind unterschiedlich; man kann aber wohl davon ausgehen, dass Neugier, Faszination an technischen Möglichkeiten, vielfältige Fortbildungsangebote und wohl auch der allgemeine KI-Hype treibende Faktoren sind.

Im Rahmen unserer Blogparade #KIBedenken haben Nele Hirsch und ich darauf aufmerksam gemacht, dass an vielen Stellen noch unklar ist, wann welche Tools in welcher Form lernförderlich im Unterricht eingesetzt werden können und was dabei zu beachten ist. Damit wollten wir zu bedenken geben, dass insbesondere Tool-Empfehlungen aufgrund fehlender Evidenz etwas mehr Skepsis vertragen könnten.

Erfreulicherweise erscheinen mittlerweile mehr und mehr Forschungsarbeiten, die die Möglichkeiten von KI im Kontext von Schule und Unterricht in den Blick nehmen. Je nach Schwerpunkt werden in ihnen die Potenziale von ChatGPT und co. für die Unterrichtsplanung, die Effizienz von KI-Feedback, die Aufgabenkultur oder auch die Notwendigkeit weiterer Fortbildungen für Lehrkräfte untersucht. Für Praktiker*innen sind die Ergebnisse interessant, um eigene Vermutungen und gemachte Erfahrungen zu prüfen bzw. Schlussfolgerungen für die eigene Praxis abzuleiten.

Aufruf zum Sammeln

Da die Studienlage ebenso unübersichtlich ist wie die rasant voranschreitenden KI-Entwicklungen, habe ich bei LinkedIn und bei Bluesky darum gebeten, mir beim Sammeln von bildungsbezogener KI-Forschung zu helfen. Dankenswerterweise sind zahlreiche Kolleginnen und Kollegen dem Aufruf gefolgt und haben Forschungsarbeiten und Publikationen von Stiftungen verlinkt. Im Anschluss daran habe ich die Links gesichtet und auf der folgenden TaskCards gesammelt. Die Zusammenstellung kann zur individuellen Fort- und Weiterbildung genutzt, und gerne auch weitergegeben werden.

Ich habe vor, die TaskCards nach und nach zu erweitern, wenn mir neue Studien begegnen und freue mich auch, wenn Sie/ihr mich auf weitere Publikationen aufmerksam macht!

Metaanalysen zum Einsatz von Chatbots

Zusätzlich zu den Einzelstudien sind bereits erste Metaanalysen zum Einsatz von Chatbots erschienen. So berichtet Klaus Zierer, Ordinarius für Schulpädagogik an der Universität Augsburg, in einem FAZ-Artikel vom 29. Februar, in der Kolumne „Der Faktor des Monats – Chatbots“ der PÄDAGOGIK 5/24 und in seinem Buch „ChatGPT als Heilsbringer?“ (Waxmann Verlag 2024) von vier Metastudien in den neuesten Datensätzen von John Hatties Visible Learning, in denen das Potenzial von Chatbots untersucht wurde (leider jeweils ohne Angabe einer genauen Datenquelle).

Mit einer Effektstärke von d = 0,62 (laut FAZ-Artikel; im PÄDAGOGIK-Artikel d = 0,64 und im Buch d = 0,67) attestiert Zierer Chatbots unter bestimmten Bedingungen die Chance zur Steigerung von Lernleistungen. Zum Beispiel lasse sich die Wirksamkeit vor allem bei älteren Schüler*innen nachweisen, in der Grundschule nähmen die Effekte ab. Zudem zeigten sich höhere Effekte nur bei komplexeren Fächern und wenn Chatbots didaktisch geplant eingesetzt würden und der Einsatz begleitet werde. Wenn Chatbots beiläufig eingesetzt würden, träten keine positiven Effekte auf. Domänenspezifisch programmierte Chatbots seien zudem wirksamer als allgemeine; eine zeitliche Begrenzung des Chatbot-Einsatzes wirke förderlich. Entgegen verschiedener Annahmen lasse sich eine Steigerung der Lernmotivation bei Schüler*innen empirisch nicht nachweisen.

Zierer weist abschließend darauf hin, dass größere Effekte im asiatischen Raum beobachtet werden konnten und die meisten Studien von dort stammten. Insofern könne es zu Verzerrungseffekten kommen. Er schlussfolgert sinngemäß: Chatbots seien weder gut noch schlecht, entscheidend seien die Unterrichtsqualität, die Lernatmosphäre, die didaktische Planung, passende Ziele und positive Beziehungen.

Es kommt darauf an

Wenig überraschend hängt der lernwirksame Einsatz von Chatbots an der sinnvollen didaktischen Einbettung, der entsprechenden unterrichtlichen Planung und an der Begleitung durch eine Lehrkraft. Ob unterrichtliche Ziele durch den Einsatz von Sprachmodellen besser erreicht werden können, steht und fällt folglich mit der grundsätzlichen Qualität des Unterrichts. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die Ergebnisse der Meta-Analysen stark vom jeweiligen Einsatz von KI abhängen. Da dieser wiederum sehr unterschiedlich ausfällt, ist von einem bloßen Blick auf die Effektstärken eher abzuraten.

Zum jetzigen Zeitpunkt kann dennoch davon ausgegangen werden, dass KI-Einsatz an sich weder gut noch schlecht ist. Stattdessen sind Lehrkräfte und Fortbildner*innen aufgefordert, neue technische Möglichkeiten an bewährte didaktische Konzepte anzuknüpfen und KI-Tools in Überlegungen zum guten Unterricht (vgl. Basisdimensionen des Unterrichts oder die „7 C´s of Effective Teaching des MET-Projektes) einzubetten. Mit Blick auf Fortbildungen bestätigt das die Ansätze der #KIBedenken-Beiträge, Überlegungen zu Unterrichtsqualität, Lernen und Didaktik ins Zentrum des bildungsbezogenen KI-Diskurses zu rücken.

Quellen:

Zierer, K. (2024): Chatbots. Der Faktor des Monats. In: PÄDAGOGIK 5/24. Weinheim: Verlagsgruppe Beltz. S. 57.

Zierer, K. (2024): ChatGPT als Heilsbringer? Über Möglichkeiten und Grenzen von KI im Bildungsbereich. Münster: Waxmann Verlag.

Zierer, K. (2024): Selbst verschuldet unmündig durch Chatbots? In: FAZ-Online vom 29.2.2024. URL: https://www.faz.net/aktuell/karriere-hochschule/die-wirkung-sprachgenerativer-techniken-auf-den-unterricht-19552054.html (zuletzt aufgerufen am 4.6.2024).

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Joscha Falck ist Mittelschullehrer und Schulentwicklungsmoderator in Mittelfranken. Darüber hinaus ist er als Fortbildner, Referent und Autor tätig. Seine inhaltlichen Schwerpunkte sind: Digitale Medien, Schul- und Unterrichtsentwicklung, Didaktik des digital gestützten Unterrichtens, Künstliche Intelligenz in der Schule. Kontakt: www.joschafalck.de

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